Einschränkungen: Hindernis oder Wegweiser?
Schnell war ich früher dabei, Einschränkungen irgendwelcher Art – sei es physisch, psychisch, zeitlich oder finanziell – als „gesetzt“ zu betrachten. Als etwas, was dann einfach nicht gehen kann. Als etwas, was mir verwehrt und verschlossen bleibt.
Bis ich anfing, mich danach auszurichten, was stattdessen gerade möglich wird. Das Schreiben von „Morgenseiten“ war lange so eine Unmöglichkeit für mich. Was Morgenseiten sind und wie ich sie heute schreibe, erfährst du hier.
Morgenseiten schreiben: Eine Kläranlage für den Geist
Vielleicht kennst du sie schon: die Morgenseiten. Das erste Mal las ich bei Julia Cameron davon in ihrem Buch „Der Weg des Künstlers“.
Die Morgenseiten sind so eine Art „Kläranlage für den Geist“. Möglichst ungefiltert und unzensiert schreibst du auf A4 Blättern auf, was dir durch den Kopf geht. Alles mögliche darf dort Platz finden. All die Gedanken, die du vielleicht zu unangemessen, zu unhöflich, zu beleidigend, zu schön oder sonst wie findest.
Wenn du sie lange schreibst, werden sie zu einer Art innerem Navi. Denn irgendwann findest du dich dabei wieder, wie deine innere Weisheit auf das Papier gelangt.
Wenn die Motorik nicht mitmacht
Ich habe sie lange geschrieben. Bis zu dem Tag, an dem meine Motorik nachließ und ich nur noch ein kaum leserliches Etwas auf das Papier brachte. Was genau hinter dem fehlendem Schreibschwung steckte, ist eine andere Geschichte.
Ungefähr sechs Jahre ist es her, seit ich das letzte Mal geschrieben habe. Es funktionierte einfach nicht. Stattdessen begann ich wieder zu zeichnen. Warum mir Figuren und Zeichen leicht von der Hand gingen, konnte mir bisher keiner erklären. Doch es war eine offene Tür, die ich nun regelmäßig nutzte.
Doch ich zeichnete aus einer anderen Motivation heraus. Letztlich drehte sich alles um Mut machen, Leichtigkeit, Freiheit. Die Zeichnungen standen nicht hauptsächlich im Dienst meinen Geist zu klären, wie es für mich bei den Morgenseiten der Fall war. Kurzum: Ich vermisste die Zeit des Schreibens.
Den Morgenseiten eine neue Chance geben
“Zufällig” erfuhr ich von dem Kurs „Die magische Kraft der Morgenseiten“ von Sabine Bromkamp. Und meldete mich an.
Ich wusste nicht, was mich erwarten würde. Bzw. dachte ich natürlich, ich würde nun mein gelerntes Konzept (3 Seiten A4, von links nach rechts, oben nach unten) irgendwie wieder umsetzen können.
Es kam ganz anders. Und der Grund, warum ich das mit dir teile, ist ganz einfach: Vielleicht gibt es auch in deinem Leben eine Einschränkung, von der du glaubst, dass sie dich davon abhält bestimmte Dinge zu tun. Deshalb hoffe ich, dass dieses ein Beitrag für dich sein kann, einen neuen Weg zu finden.
Mit alten Regeln brechen
Sabine lud uns ein, unseren ganz eigenen Weg zu finden. Um nun neuen Zugang zu den Morgenseiten zu finden, brach ich mit allen Regeln. Regeln, die mich blockierten, sobald ich das Blatt anschaute und den Stift zum Schreiben ansetzte:
Schreiben von links nach rechts, von oben nach unten
, leserlich schreiben
, geordnet schreiben. In der Schule lernte ich natürlich, dass “man das so macht”.
Regeln darf man in Frage stellen. Ja, muss man sogar in Frage stellen. Diene ich den Regeln oder dienen die Regeln mir? Ich sitze nicht mehr in der Grundschule, in einer Klasse, in der eine Lehrerin mein Geschriebenes kritisch beurteilt. Ich bin frei. Ich und der Stift und die Seiten. Vielleicht auch nur ich und meine Gedanken.
Ein neuer Weg – wie ich jetzt “schreibe”
Manchmal beginne ich in der Mitte. Ich schreibe gar nicht, ich male. Dann schreibe ich wieder rund, oder von oben nach unten. Oder über Kopf und fülle ich die Lücken mit Herzen. Ich kann nicht mehr sagen, wo oben und unten ist und es ist auch nicht wichtig.
Vor mir füllt sich ein Bild. Mit Worten, Bildern, Zeichen, manchmal auch Sätzen und immer Erkenntnissen.
Ohne die Einschränkung hätte ich nie in Frage gestellt, wie „man schreibt“. In dem ich es nicht mehr konnte, wie ich wollte, war ich gezwungen neu zu denken, zu forschen, zu entdecken. Nie im Leben hätte ich dahinter diesen kreativen Reichtum vermutet.
Wie viele Konzepte von „das macht man so“ begleiten dich?
(Gerade im Bereich des Zeichnens und Malens gibt es so einige, die wir mit uns herumschleppen…)
Welche hast du in Frage gestellt?
Welche musstest du in Frage stellen?
Was hast du dabei entdeckt?
Welcher Schatz liegt auf der anderen Seite?
Für die Geschichten in Dir. Ich liebe es, Bilder zu zeichnen, die Dich einladen, Deinen eigenen Geschichten zuzuhören. Seit 2017 bin ich nebenberuflich selbstständig und baue mit meinen Bildern Brücken in die Herzen der Menschen.
Liebe Maike,
ja, die zauberhaften Morgenseiten. Mir ging es ähnlich wie Dir. Lange habe ich versucht, sie genauso so schreiben, wie sie sein “sollen”. Phasenweise hat das Spaß gemacht und meine Kreativität angeregt, Zeitweise hat es mich gelähmt, weil ich es doch schon eine Zeit lang geschafft hatte, die Seiten zu schreiben und dann nicht mehr. damit habe ich mir Druck gemacht.
Bis ich dann auf die Idee gekommen bin, die Morgenseiten an mich anzupassen und nicht umgekehrt.
Zur Zeit schreibe ich jeden Tag 100 Wörter am PC. Manchmal werden es mehr, aber nie weniger. 100 müssen es sein, das ist meine eigene stimmige Vorgabe. Einmal im Monat lese ich dann, was ich geschrieben habe. Das geht, weil ich getippt habe und nicht in meiner manchmal sehr unleserlichen Handschrift geschrieben habe. Das mache ich so lange, wie es für mich passt. Und dann finde ich eine neue Form.
Herzliche Grüße
Susanne
Liebe Susanne,
klasse! Es gibt so viele Formen, die man für sich immer wieder neu wählen darf. So wie es am besten passt. Deine Form merke ich mir – vielleicht hab ich auch irgendwann mal Lust auf das Schreiben am PC:
Alles Liebe
Maike
Liebe Maike,
mich blockiert meist schon die Aussage “Das musst du täglich machen, dann bringt es richtig was”. Wenn ich jetzt meine eigenen Regeln mache, wird wohl die erste sein: Ich schreibe, wann und wie oft es mir passt. Mal mehr und mal weniger. Und mal gar nicht. So kann ich mich auch mal wieder an die Morgenseiten machen. Danke für Deinen Impuls.
Alles Liebe, Gela
Liebe Gela,
das klingt prima! Ich reagiere auf “muss” auch oft mit Blockaden. Wer weiß, was alles möglich wird, wenn man sich den Raum zum Experimentieren erlaubt.
Liebe Grüße
Maike